Insgesamt neun Jahre mussten vergehen, ehe das ab 2015 in Paderborn konzipierte und geschriebene Musikdrama „Die Kinder der toten Stadt“ auch auf einer Bühne in der Paderstadt gezeigt wurde. Das Stück, kreiert von Initiatorin Sarah Kass, Autor Thomas Auerswald und Komponist Lars Hesse, beschäftigt sich mit den insgesamt 55 Aufführungen der Kinderoper „Brundibár“ von Hans Krása, die jüdische Kinder im Konzentrationslager Theresienstadt während der Zeit des Nationalsozialismus spielen mussten.
Am Freitag interpretierten nun insgesamt 16 Schülerinnen und Schüler des Edith-Stein-Berufskollegs vier Stücke aus „Die Kinder der toten Stadt“, die sie zuvor an nur einem Nachmittag erarbeitet hatten. Finanziert wurde die Aktion von der „Stiftung Bildung“.
Die Kinder des KZ Theresienstadt hatten die Kinderoper unter anderem auch zwei Mal vor Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes aufführen müssen. Ziel sei es laut Kass gewesen, die tatsächlichen Zustände im KZ, in dem rund 35.000 Menschen ermordet wurden, zu vertuschen und das Getto wie eine normale Ansiedlung wirken zu lassen. Viele der Mitarbeiter an dem Stück, auch viele der Kinder, seien im Anschluss zur Verwischung der Spuren in Vernichtungslager wie Auschwitz abtransportiert wurden. Das Stück „Die Kinder der toten Stadt“ habe sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der Opfer für die Nachwelt aufzuarbeiten.
„Als das Projekt 2015 ins Leben gerufen wurde, war unser erstes Ziel, in Schulen Aufklärungsarbeit über den Holocaust zu leisten“, sagte Kass. Der eigentliche Schreibprozess mit Auerswald und Hesse lief dann von 2016 bis 2018, bevor in den Paderborner Lava-Studios auch ein Hörspiel mit prominenten Unterstützern wie Iris Berben, Peter Heppner, Michael Schulte oder der Holocaust-Überlebenden Esther Bejerano entstand.
„Wir haben dabei unseren Fokus auf Kooperationen mit Schulen nie aus den Augen verloren“, so Kass. An bislang zehn Bildungseinrichtungen seien das Stück oder Teile davon aufgeführt worden. „Dabei hat die Pandemie leider auch einige weitere Auftritte verhindert“, sagt Kass. Am Edith-Stein-Berufskolleg konnte das Autorenteam das Stück nun erstmals mit Paderborner Schülern erarbeiten.
Das Konzept sei dabei immer ähnlich: Am vorherigen Mittwoch gab Kass den Schülern eine theoretische Einführung über den Holocaust und das KZ Theresienstadt. Am Freitag vor der Aufführung wurden dann gemeinsam mit Hesse und Auerswald vier Lieder mit 16 Schülern aus der Ober- und Unterstufe des Bildungsgangs Sozialassistenz erarbeitet.
„Der Fortschritt der Schüler war dabei wirklich erstaunlich und die Begeisterung spürbar“, sagt Schulleiter Thomas Epe. „Wir hatten alle die Möglichkeit, uns auf die Weise und in der Menge einzubringen, wie es jeder wollte“, sagten die Oberstufenschülerinnen Chiara Tanger, Stella-Marie Miks und Dunja Striewe. Manche hätten eher Soli singen wollen, manche lieber gemeinsam im Chor.
„Für uns war es auf jeden Fall eine Ehre, in einem Stück über ein so ernstes und wichtiges Thema mitzuspielen“, so die Schülerinnen weiter. Für viele von ihnen sei es auch die erste Bühnenerfahrung gewesen. „Nachdem unsere Schüler so einen guten Auftritt abgeliefert haben, ist es für uns definitiv ein Ziel, auch das gesamte Stück aufzuführen, beispielsweise im Rahmen einer Projektwoche“, versprach Epe abschließend.
Artikel: Moritz Jülich, 13.04.2024, nw.de